Die Wildburger Höfe in Enkirch
Das Geschlecht der Freiherrn von Wildberg, oftmals auch Wildburg geschrieben, trägt den Namen nach ihrer Stammburg im Soonwald unweit des Klosters Ravengiersburg. Der Burgfried lag zum Teil noch auf dem Gebiet des Klosters, was Streitigkeiten zur Folge hatte. So führte der Ritter Volker (1191 - 1239) eine Privatfehde gegen das Kloster1. Den Namen Volker trug immer der Älteste des Geschlechts, später war es der Name Haugh = Hugo, bei dem oft die Schreibart gewechselt wurde.
Die Wildburg war eine Ganerbenburg, d. h., sie wurde zur gleichen Zeit von verschiedenen verwandten Familienzweigen bewohnt, wie es auch auf der Burg Eltz üblich war. Die Anfangszeit der Wildburger liegt noch im dunkeln. Mittlerweile weiß man aber, daß sie mit den Kratz von Scharffenstein einen gemeinsamen Ahnherrn hatten2. Es war jener Volker, der im Oktober 1239 mit dem Grafen Johann I. von Sponheim-Starkenburg (1233 — 1266) die Urkunde mit siegelte, die dem Kloster Ravengiersburg die Freiheiten seines Klosterhofes in Enkirch sicherte3. Am 23. Oktober 1241 waren Volker und sein Bruder Philipp castellani = Ritter daselbst und Mitsiegler einer Urkunde.
Es war damals üblich, immer den Namen nach der Burg zu tragen, die man als Lehen hatte, und so sind Namensänderungen leicht zu verstehen. Ein Volker von Starkenburg war 1328 als Ritter die Hauptperson der 14 Helfer bei der Gefangennahme des Erzbischofs Balduin von Trier. Er besaß 1306 das Madel, eine Wiese und Baumplatz an der Brücke vor dem Ort als Lehen der Herren von Esch. Dazu bekam er am 20. März 1320 noch Lehensweinberge im Herrenberg von Bischof Balduin, die vermutlich aus der Schenkung des Kaisers Ludwig IV. (das Kind) von 908 stammen. 1333 wurden die Gebrüder Wildberg (Haugh und Johann) von dem jungen Grafen Johann III. von Sponheim-Starkenburg mit Gütern in Enkirch belehnt. Hierzu ist folgendes zu beachten: Im Jahre 1330 gab die bekannte Gräfin Loretta ihrem Sohne Johann III., dem sie bis dahin als Momparse = Vormünderin gedient hatte, die Regierung ab. Er war großjährig geworden und hatte Mechthilde von Bayern, eine Wittelsbacherin und Nichte des Kaisers Ludwig des Bayern (1314— 1346), geheiratet. Es war zu damaliger Zeit üblich, bei jedem Regentenwechsel dem neuen Herrscher zu huldigen. Dabei wurden alle bestehenden Verträge wie Lehen, Befreiung von der Leibeigenschaft, Freiheiten und sonstige Privilegien erneuert.
Es ist anzunehmen, daß die Lehensurkunde von 1333 nur die Erneuerung einer Lehensverleihung seiner Vorfahren war, da auch die Schmidburger im selben Jahr belehnt wurden. Solche Huldigungen und Lehensverleihungen zogen sich über Jahre hin. Das so erneut von der Starkenburger Herrschaft erhaltene Lehnsgut zu Enkirch wurde 1389 am Fest Beate Remigi unter den Brüdern Heinrich und Johann von Wildberg geteilt4.
Johann erhielt den Wingert „der da heisset manwerge in dem hinterberge" und einen Wingert in Pradel (ebenfalls Herrenberg) sowie Wiesen und Ländereien. Sein Bruder Heinrich erhielt Haus und Hof zu Enkirch an dem Kirchhof (die Zehntscheune hiervon — siehe Abb. 21 des Textes über Enkircher Fachwerkhäuser — ist noch erhalten), dazu Weinberge, Wiesen und Ländereien mit einem Haus auf Starkenburg. Das Enkircher Hofhaus stand auf dem Gartenland vor der Kirche oberhalb des jetzigen Hauses Kurt Kappel, das zum Teil noch dazugehörte. Hier haben Wildberger zeitweilig gewohnt, und deswegen hatten sie auch ihre Grabgelege in der Kirche5. Um einen eigenen Weg dorthin zu haben, tauschten sie mit dem Kloster Ravengiersburg einen Fußpfad zur Kirche gegen einen Wingert im Bungert. Im Jahr 1499 kaufte Junker Hugh „an unser lieben Frauen Altar" (Klause) ein Haus für 53 Florin, das vorher Ritter Schwickert von Sickingen gehörte. Dieser Junker Hugh einigte sich 1501 mit seinem Nachbarn Loichs Claess wegen eines Giebels zwischen den beiden Häusern. Der Junker behauptete, der Giebel gehöre ihm alleine. Das Gericht zu Enkirch entschied jedoch, daß der Giebel beiden je zur Hälfte gehören sollte. Claess und seine Erben sollten jedoch kein Loch in diesen brechen dürfen6. Bemerkenswert ist hierbei die hohe Autorität des Enkircher Schöffengerichtes, das es wagte, in dieser Zeit des Absolutismus ein Urteil gegen einen hochstehenden Beamten (Oberamtmann) zu fällen. Dieser Junker Hugh war nämlich von 1502 bis 1507 Oberamtmann in Trarbach und erneuerte 1510 den alten Lehensvertrag von 1333 mit den Gemeinsherren Pfalzgraf Johann von Zweibrücken und Christoph von Baden. Diese waren Erben der Sponheimer, die mit dem Tode des Johann V. 1437 im Mannesstamme ausgestorben waren.
Im Jahre 1549 wurde das ganze Besitztum Wildberg wiederum zwischen drei Brüdern geteilt. Haugh erhielt Alken und die alte Behausung Schmidburg, das Stammhaus derer von Schmidburg zu Enkirch, die durch Erbschaft an die Wildburger kam7.
Bruder Heinrich, 1549 Amtmann zu Münstermaifeld, erhielt die neue Behausung in Alken, und Nicolaus bekam das Wildburger Haus in Enkirch. Dieses wurde im Jahre 1750 als baufällig bezeichnet. 1770 heißt es: „Freyherr von Wildberg, von dessen eingefallenen Haus und Hofgerechtigkeiten am untersten Kirchhof über Konrad Frank anstatt 2 Quart Öl 26 2/3, Kreutzer ..." (als Ablösung) 8.
Man war gezwungen, ein neues Hofhaus zu bauen. Es stand auf dem Gelände, auf dem 1830 das jetzige alte Schulgebäude errichtet wurde. Das dazugehörige Kelterhaus befand sich im jetzigen gegenüberliegenden Haus Herberts. Im Kellereibuch des Oberamtes Trarbach von 1783 ist auf Seite 214 folgendes vermerkt: „Der Freyherr von Wiltberg zu Coblenz, welcher jetzo noch 1 Fuder Mann Wein hier bezieht, weilen seine Ahnen Gräflich Sponheimische Hof Cavaliers waren und ein großes adliches Wohnhaus neben der Kirche hatten, Besitzen einen sehr beträchtlichen Hof dahier, wozu viele Renthen von Leibeigenen, Zehnden und Güthern aus der Nachbarschaft kommen und worüber zu allen Zeiten ein eigener Amtskeller bestellt ist." „Anmerk. Der Freyherr ist ein Sponheimischer Vasall und seine Burg, sowohl als das eigentliche adeliche Hofhaus sind schon seit langer Zeit so verfallen, daß nur noch Rudera (Ruine) übrig geblieben ist. Das neue Hofhaus ist nicht auf freiem Grund, sondern auf Gemeinde Land gebaut worden." Damit war es steuerpflichtig!
Da das Wildburger Gut nur einen Besitzer hatte und nicht als Lehen ausgegeben war, fiel es nicht mehr unter die Säkularisation. Vom französischen Staat wurden die Feudalherren mit so hohen Steuern und Auflagen belastet, daß sie nach und nach alles verkaufen mußten. Die Alkener Güter wurden 1832 abgesetzt, und danach ist die Familie bürgerlich geworden.
1 Rheinischer Antiquarius, II. Abt., 6. Band, S. 444.
2 Prof. Disselnkötter, S. 65 (siehe Kratzeburg).
3 MUB III, Nr. 662, S. 503.
4 LHAK Best. 33, Nr. 12 276.
5 LHAK W 54, Nr. 483.
6 Enkircher Schöffenbuch.
7 Fiel 1672 wiederum an Schmidburg zurück.
8 Dr. Günther Engelbert, „Familie Frank aus Enkirch"